OnePlus gehört von Beginn an zum BBK Konzern und damit zur Familie von Oppo und Vivo, auch wenn man sich am Anfang gerne als "kleines Start-up" dargestellt hat. Dennoch war OnePlus als weitgehend eigenständiges Team aufgestellt und hat einiges anders gemacht als die "großen Geschwister" im BBK Konzern, was letztlich auch einen wichtigen Anteil am schnellen Aufstieg der Marke hatte. Von diesem lieb gewonnenen OnePlus ist allerdings nicht mehr viel übrig. OnePlus wurde letztes Jahr konsolidiert und ist in Oppo aufgegangen. Nach Bekanntgabe der Verschmelzung beider Unternehmen hat man es zwar so aussehen lassen, als würde sich nach außen hin und an der Philosophie nicht viel ändern, doch dass das nicht der Fall ist, hat sich zuletzt immer stärker herauskristallisiert. OnePlus verliert aktuell Schritt für Schritt seine Identität und das gestern vorgestellte OnePlus 10T scheint der endgültige Sargnagel für das bisher bekannte OnePlus zu sein.
Am stärksten zeigt sich das an der Software, denn zusammen mit dem OnePlus 10T wurde das neue OxygenOS 13 vorgestellt. OxygenOS war ja einmal pures Stock Android, mit minimalen Erweiterungen an Stellen, wo es wirklich Sinn gemacht hat. Dadurch war OxygenOS ein sehr "sauber" wirkendes und äußerst performantes System, welches sich mit diesem Ansatz eine enorme Fangemeinde aufgebaut hat und ein wichtiger Beitrag zum Erfolg von OnePlus war. Schon mit OxygenOS 12 hat sich abgezeichnet, dass man diesen Weg verlassen will und mit OxygenOS 13 folgt nun der endgültige Schritt weg vom Stock Android Feeling. Das System verfolgt jetzt denselben Ansatz wie beispielsweise MIUI. Die Nutzererfahrung entfernt sich sehr weit von Stock Android und wird eigenständiger. Die gesamte Nutzeroberfläche erhält einen eigenständigen Look und die Verschmelzung von OxygenOS und Oppo's ColorOS lässt sich nicht mehr leugnen. Sicherlich kann man das mögen und einige Ideen sind definitiv nicht verkehrt, doch im Endeffekt verliert OxygenOS damit seine Identität und viele Fans des "Stock Android Look & Feel" werden sich damit nicht anfreunden können.
Doch auch bei der Hardware sieht man nun endgültig negative Veränderungen. In der Vergangenheit hat sich OnePlus ja lange Zeit auf High-End Geräte beschränkt und pro Jahr entsprechend wenige Smartphones auf den Markt gebracht. Eine sinnvolle Strategie, die das Line-up des Herstellers übersichtlich gehalten und für Kunden vorhersehbar gemacht hat. Zwar hatte man schon vor dem Zusammenschluss mit Oppo begonnen, mehr Geräte auf den Markt zu bringen und auch die Mittelklasse wieder für sich entdeckt, tat dies allerdings mit der Untermarke "OnePlus Nord". Unter dem Namen OnePlus blieb das Line-up weiterhin überschaubar und treu dem alten Muster "OnePlus X" / "OnePlus X Pro" sowie darauf folgend ggf. "OnePlus XT" und / oder "OnePlus XT Pro".
Nach dem Zusammenschluss mit Oppo scheint sich jetzt auch dieses Muster in Luft aufzulösen. Nachdem es dieses Jahr nur ein OnePlus 10 Pro gab und ein OnePlus 10 ausblieb, dreht man den Spieß nun um und bringt statt eines OnePlus 10T Pro ein OnePlus 10T auf den Markt. Den Sinn dahinter versteht allerdings wohl nur OnePlus bzw. Oppo, denn das Datenblatt wirkt wenig attraktiv. Zu den Highlights zählen der neue Snapdragon 8+ Gen1, der große Arbeitsspeicher mit bis zu 16GB (allerdings noch ohne LPDDR5X), sowie das schnelle 150W SuperVOOC Fast-Charging, wobei es sich im Kern um das bereits bekannte 150W UltraDart Fast-Charging von Realme handelt, welche ja ebenfalls zum BBK Konzern gehören.
Der Rest wirkt dann allerdings eher wie von einem Mittelklasse Smartphone. Das 6,7 Zoll AMOLED Display bietet FHD+ Auflösung, 120Hz und 10-Bit Farbe, jedoch kein richtiges AdaptiveSync. Laut Hersteller kann es nur zwischen 60Hz, 90Hz und 120Hz wechseln. Die Peak-Helligkeit von 950 Nits fällt für ein High-End Smartphone eher unterdurchschnittlich aus. Fans des Mute Sliders bisheriger OnePlus Smartphones müssen einen herben Rückschlag hinnehmen, denn dieser wurde beim OnePlus 10T einfach gestrichen. Auch der USB 3 Anschluss hat das Zeitliche gesegnet. Das OnePlus 10T unterstützt nur noch USB 2.0. Bei den Kameras mangelt es ebenfalls an Überzeugungskraft. Das Hasselblad Branding ist weggefallen, was aber nicht weiter verwundert, denn im Kern hat man es auch hier nur mit Mittelklasse Kost zu tun. Die Hauptkamera bietet den 50MP Sony IMX766 mit OIS, nebst einer 8MP UWW-Kamera und einer 2MP Makro Kamera - jeweils mit festem Fokus. Im Kern bekommt man hier also dieselbe Kamera wie in einem deutlich günstigeren OnePlus Nord 2. Die Frontkamera bietet mit 16MP sogar eine geringere Auflösung als das OnePlus Nord 2.
Für einen Preis von 699€ für 8+128GB sowie 799€ für 16+256GB ist das OnePlus 10T insgesamt wenig überzeugend. Ausgewogen wirkt das Gesamtpaket definitiv nicht. Für 100€ mehr bekommt das als Gesamtpaket erheblich besser ausgestattete OnePlus 10 Pro und auch bei der Konkurrenz gibt es hier und da deutlich mehr fürs Geld. In Deutschland wird das OnePlus 10T ab dem 11. August via Amazon in den Vorverkauf gehen. Die Auslieferung startet am 25. August.