Aliexpress arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, die Handels Plattform für internationale Kunden noch attraktiver zu machen. Seit einiger Zeit unterstützt man z.B. auch die Bezahlung mit PayPal, wobei es aber vom jeweiligen Händler abhängt, ob dieses Zahlungsmittel zur Verfügung steht oder nicht. Für den Kunden ergibt sich damit der Vorteil, dass man nicht mehr nur den (sehr guten) Aliexpress Käuferschutz, sondern auch den PayPal Käuferschutz in Anspruch nehmen kann und nicht mehr Zwingend die Nutzung einer Kreditkarte von Nöten ist.
Doch nun wurde von Aliexpress noch ein weiterer Schritt angekündigt, mit dem man sich gegenüber Mitbewerbern einen riesigen Pluspunkt verschaffen will. Ab sofort bietet Aliexpress in Kooperation mit Allianz Global Assictance eine 1-jährige Gewährleistung auf Smartphones und Tablets. Diese Gewährleistung soll dann gelten, wenn es sich um ein Gerät aus den beiden Kategorien handelt und sich der Käufer in einem der folgenden EU Länder befindet: Spanien, Frankreich, Polen, Deutschland, Belgien, Italien oder den Niederlanden.
Wer kennt das nicht? Man bestellt etwas aus China, das Gerät kommt an, hat aber ab Werk einen Defekt oder funktioniert gar nicht erst. Oder aber es funktioniert, jedoch gibt es nach wenigen Wochen oder Monaten den Geist auf. In solchen Fällen ist es oft schwer gegenüber dem chinesischen Händler seine Rechte durchzusetzen. Entweder man wird ignoriert, oder es werden einem so viele Stolpersteine in den Weg gelegt, dass man resigniert und auf dem Verlust sitzen bleibt. Und genau hier soll die (wohl bemerkt kostenlose) Versicherung greifen.
Laut der Infoseite von Aliexpress genügt es einen Schadensfall zu eröffnen. Anschließend soll der Defekt schnellstmöglich abgewickelt werden. Entweder in Form einer Reparatur oder eben mit einem Ersatzgerät. Die Versicherungsnummer erhält man nach der Bestellung in Form einer E-Mail.
Tja, wo ist an der Sache nun der Haken? Das ist eine gute und vor allem auch berechtigte Frage. Wer davon ausgeht, dass die Allianz einfach so für jeglichen Mist aufkommt den die Chinesen verzapfen, der lebt in einer Traumwelt. Aus geschäftlicher Sicht würde das keinen Sinn machen und hätte für die Allianz massive Verluste zur Folge. Wir alle kennen ja die "grandiose" Qualitätskontrolle der Chinesen, welche entweder nur in Ansätzen oder auch überhaupt nicht vorhanden ist. Viel zu oft kommt es vor, dass defekte Geräte ausgeliefert werden oder die Geräte sehr schnell den Geist aufgeben. Nein, das ist nicht der Regelfall, aber es kommt eben zu oft vor, als dass ein Versicherer sich dieses Risiko antun würde.
Die Frage ist nun also, was sich hinter der angeblichen Versicherung tatsächlich verbirgt. Fakt ist, dass es gar nicht so einfach ist, darüber etwas herauszufinden. Auf der Aliexpress Seite findet man zum jetzigen Zeitpunkt nämlich weder eine AGB noch entsprechende Versicherungsbedingungen. Die Versicherungsbedingungen werden wohl erst einsehbar, wenn man tatsächlich ein Produkt mit Versicherung bestellt hat. Schon alleine das ist eine äußerst fragwürdige Taktik und zeigt, dass uns hier vermutlich etwas verschwiegen wird.
Die einzigen ohne Umwege öffentlich einsehbaren Bedingungen, findet man auf der Webseite der Allianz, auf der man sich in die Schadensverwaltung einloggen kann. Hier trifft man auf ein paar sehr interessante Stellen. Wir zitieren an dieser Stelle mal ein paar interessante Ausschnitte:
Die Begriffe 'Garantieprogramm' bzw. 'Garantie' beziehen sich auf ein Käuferschutzprogramm und alle im Rahmen der Garantiebedingungen angebotenen Leistungen. Wenn Sie im Anschluss an Ihren Einkauf bei www.aliexpress.com eine entsprechende Garantiebestätigung per E-Mail erhalten haben, nimmt Ihr Verkäufer an dem Garantieprogramm von Aliexpress teil.
AWP China übernimmt keinerlei Garantie und ist nicht als Gewährträger für die Qualität irgendwelcher Produkte und Dienstleistungen anzusehen, die Sie auf www.aliexpress.com von Ihrem Verkäufer erwerben.
Durch die Nutzung dieser Webseite erkennen Sie AWP China als Administrator des Garantieprogramms, nicht jedoch als Leistungsschuldner oder Gewährsträger an.
Aus diesen Stellen gehen zwei Dinge hervor. Erstens muss der jeweilige Verkäufer offenbar an diesem Gewährleistungs-Programm teilnehmen. Dies scheint also freiwillig zu sein, was bedeutet, dass genau wie im Falle der Bezahlung mit PayPal bei weitem nicht alle Händler den Service bieten werden. Die zweite Information ist, dass die Allianz eben nicht der Gewährträger ist. Es scheint so, als wäre immer noch der jeweilige Verkäufer für die Abwicklung verantwortlich. Die Frage ist nun, was passiert, wenn der Verkäufer seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Zahlt dann die Allianz im Sinne der Versicherung? Und wenn ja, kommt wieder die eingangs aufgeworfene Frage ins Spiel: Wie soll sich das bei der zu erwartenden sehr hohen Anzahl an Schadensfällen für den Versicherer lohnen?
Halten wir also fest: Dieses neue Gewährleistungs-Programm das Aliexpress da zusammen mit der Allianz aufgezogen hat, ist aktuell noch sehr undurchsichtig. Aliexpress sollte dringend daran arbeiten, wichtige Informationen zugänglich zu machen und klarstellen, welche Rechte der Käufer nun im Schadensfall exakt hat und wie abgewickelt wird. Solange diese Fragen nicht vollständig geklärt sind, ist dieses Angebot mit Vorsicht zu genießen. Denn eines steht fest: Irgendwo muss es hier einen Haken geben, denn weder die Allianz noch Aliexpress bzw. Alibaba sind die Wohlfahrt. Eine Gewährleistung nach EU Recht sollte man also nicht erwarten.
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