Germany Express hat sich während der vergangenen zwei Jahre zur beliebtesten Versandmethode für Pakete aus China entwickelt. Und das hat einen ganz einfachen Grund: Für den Empfänger fallen keine Zollkosten (im Falle von Smartphones, Tablets, Computern konkret die Einfuhrumsatzsteuer) an, da die Einfuhr vom Shop abgewickelt wird und auch die Kosten übernommen werden. Das Resultat sind zwar etwas längere Laufzeiten, dafür bekommt man die Pakete aber stressfrei und ohne zusätzliche Zahlungen von DPD, DHL Paket oder jüngst auch Hermes direkt an die Haustür geliefert.
Doch die "Zollabwicklung" durch den Shop ist nur die offizielle Version der Händler. Was im Hintergrund alles getrieben wird, lässt sich schwer einschätzen. Fest steht jedoch, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Würde China Shops tatsächlich sämtliche Pakete ordnungsgemäß verzollen, müssten sie zwangsläufig die Preise erhöhen.
Bisher haben sich die Zollbehörden das Spielchen der China Shops tatenlos angesehen. Großbritannien und Frankreich werden bevorzugt für die Einfuhr der Germany Express Pakete genutzt. Eingegriffen wurde bisher jedoch nicht. Und das obwohl bekannt ist, dass die EU von Großbritannien bereits Nachzahlungen fordert, weil die Zollkontrollen dort so lasch gehandhabt werden.
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Aktuell sieht es jedoch ganz danach aus, dass die Zollbehörden nun doch reagieren. Das sieht man sehr schön an dem, was gerade bei Gearbest passiert. Dieser Shop hat sich in Sachen Germany Express zum Marktführer und beliebtesten Händler entwickelt. Doch aktuell läuft es hier nicht so rund. Seit mehreren Wochen kommen Germany Express (Priority Line) Pakete nicht mehr beim Kunden an. Laut Tracking verlassen die Sendungen China, kommen in England an, und dann tut sich gar nichts mehr. So sieht das dann zum Beispiel aus:
Gearbest hat darauf bereits reagiert und zugegeben, dass es mit Germany Express Probleme gibt. Was jedoch nicht zugestanden wird, sind Probleme mit dem Zoll. Dass es sich hier aber nicht um Schwierigkeiten handelt, welche sich schnell lösen lassen, lässt sich trotzdem recht einfach erkennen. Gearbest stellt nämlich Sendungen teils automatisch auf "Registered Airmail" um und verspricht die Erstattung der Zollgebühren bzw. Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von bis 50 US Dollar, sollten diese anfallen. Und genau das ist etwas, das für Chinesen eher untypisch ist. Freiwillig wird hier eigentlich gar nichts erstattet. Und genau das zeigt, dass die Lage durchaus ernst ist.
Hinzu kommt dann noch, dass Gearbest die Germany Express Option mittlerweile bei sehr vielen Produkten gestrichen hat. Hier lässt sich dann nur noch Schneckenpost oder eben DHL Express wählen. Aktuell findet man die Germany Express Option hauptsächlich noch bei Smartphones.
Ein weiterer Punkt, welcher für Probleme mit dem Zoll spricht, ist die Tatsache, dass auch andere Händler betroffen sind, welche ihre Produkte über andere EU Mitgliedsstaaten einführen. Ein Beispiel hierfür ist der Händler Tradingshenzhen, dessen zollfreier Versandservice über Frankreich abgewickelt wird. Und auch hier zeigt sich das gleiche Bild wie bei Gearbest. Die Pakete erreichen den französischen Zoll und bleiben dann dort stecken, ohne das sich weiter etwas tut.
All das sieht stark danach aus, dass die Zollbehörden den vermutlichen Betrügereien der China Händler (und Versandunternehmen) auf die Schliche gekommen sind, und Methoden entwickelt haben, diese Pakete effektiv abzufangen. Die Frage ist nun, was mit den Lieferungen passiert. Fraglich ist, ob die Pakete noch zum Empfänger zugestellt werden können. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Pakete wieder nach China zurück gehen. Stellt euch also schonmal darauf ein, dass eure Ware nicht ankommen wird, solltet ihr etwas mit Germany Express bestellt haben.
Diese Frage kann man ganz klar mit einem Ja beantworten, sofern die Vermutung korrekt ist, dass der Zoll den Chinesen auf die Schliche gekommen ist. Wenn dem so ist, dann ist es auch fraglich, ob die Chinesen diesmal einen neuen Weg finden den Zoll an der Nase herumzuführen. Hoffen sollte man darauf aber nicht.
Sieht man sich einmal im Netz um, dann findet man sogar schon erste Stimmen, welche das Ende des China Booms ankündigen. Ganz so weit würden wir aber noch nicht gehen. Der Beginn des China Booms liegt nämlich deutlich länger zurück als es zollfreie Liefermethoden gibt. Damals haben die Zollgebühren / Einfuhrumsatzsteuer niemanden interessiert. Da wurde brav gezahlt und so gut wie niemand hat sich beschwert - und genauso gehört es sich ja auch.
Der Start des Siegeszugs der zollfreien Versandmethoden kam erst, als der Eurokurs so massiv einbrach und die Produkte aus China entsprechend teurer wurden. Doch der Euro hat sich mittlerweile erholt und befindet sich zumindest annähernd wieder auf dem Niveau der "guten alten Zeiten". Insofern sehen wir für den China Boom keine Gefahr. Sicherlich werden die Verkaufszahlen eine Weile einbrechen, einige Shops werden vom Markt verschwinden, wenn wieder jeder seine Zollgebühren / Einfuhrumsatzsteuer entrichten muss. Doch daran wird man sich gewöhnen. Den "Sieg" dürfte dann am Ende Aliexpress als Plattform für sich beanspruchen können. Durch den massiven Wettbewerb auf der Plattform wird man dann hier (wieder) die besten Preise finden können. Und hinzu kommt dann noch der Käuferschutz und die neu eingeführte, kostenlose Allianz Versicherung für Smartphones und Tablets.
Ob das nun alles so eintrifft, sei einmal dahingestellt. Fest steht aber, dass wir uns in der nächsten Zeit auf Veränderungen gefasst machen sollten.
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