Dass der Mobilfunkausrüster Nokia seit einigen Jahren gegen den chinesischen BBK Konzern und seine Smartphone-Marken vorgeht, ist ja mittlerweile hinlänglich bekannt. Nachdem man es geschafft hat, in Deutschland Verkaufsverbote zu erwirken, haben sich die zugehörigen Marken Oppo, OnePlus, Realme und Vivo mittlerweile vom deutschen Markt weitgehend zurückgezogen. Der lokale Markt für "Chinahandys" größerer Marken wurde dadurch deutlich ausgedünnt.
Xiaomi blieb als letzter großer lokal agierender Vertreter der Chinahandy-Bubble bisher verschont, was nun allerdings ein Ende hat. Zwar sind es diesmal nicht Nokia, welche für entsprechenden Druck sorgen, dafür aber der japanische Elektronik-Konzern Panasonic. Das Unternehmen hat jetzt ebenfalls Patentklagen eingereicht, welche auch wieder Oppo und seine Tochterfirmen betreffen, diesmal allerdings auch Xiaomi einbeziehen.
Laut eigenen Angaben hat Panasonic schon seit Jahren versucht zu einer Einigung bezüglich Zahlungen für die Nutzung seiner Patente zu kommen, was allerdings bisher nicht von Erfolg gekrönt war. Sowohl Oppo als auch Xiaomi sollen sich vehement geweigert haben, für die Patentnutzung zu bezahlen.
Wie beim Patentstreit mit Nokia, geht es auch in diesem Fall um "Standard Essential Patents", also Patente, welche für die Implementierung eines Standards essenziell sind. Eine Nutzung ist also quasi unumgänglich, was auch mit entsprechenden Auflagen bezüglich der "Fairness" eventuell anfallender Nutzungsgebühren einhergeht. Gebühren dürfen die Patentinhaber allerdings definitiv verlangen, auch wenn einige Hersteller dies offensichtlich nicht einsehen wollen.
Im Falle von Oppo hat Panasonic Klage bezüglich der Nutzung von vier Patenten eingereicht. Diese betreffen die Patentnummern EP 2 584 854, EP 2 207 270, EP 2 568 724 und EP 3 096 315. Xiaomi und seinen Tochtermarken wirft man vor, die Patente EP 315, EP 724 und EP 270 zu verletzen. Bei diesen Patenten geht es hauptsächlich um Technologien zur drahtlosen Kommunikation (WLAN und Mobilfunk).
Panasonic geht gegen die Hersteller über das UPC vor. Hierbei handelt es sich um ein neues vereinheitlichtes Patentgericht der EU. Es sind aber wohl auch lokale rechtliche Schritte in Deutschland eingeleitet worden, welche vor den zuständigen Gerichten in München (hier wurde das Verkaufsverbot für BBK durch Nokia erwirkt) und Mannheim verhandelt werden könnten.
Inwiefern sich der zusätzliche Patentstreit auswirken wird, bleibt abzuwarten. Bitter wäre es natürlich, wenn letztlich auch Xiaomi das Schicksal eines Verkaufsverbotes in Deutschland und eventuell auch weiteren europäischen Ländern ereilen würde. Hier in Deutschland gäbe es dann von den größeren der klassischen China-Handy Hersteller keinen lokal agierenden Anbieter mehr - sofern man Honor als Abspaltung einer Mainstream Marke (Huawei) mal außen vor lässt. Auch für Xiaomi selbst wäre das ein herber Rückschlag, da die Marke in Deutschland sehr erfolgreich ist und ein großer Anteil der europäischen Verkaufszahlen aus Deutschland kommen. Insofern liegt es stark im Interesse von Xiaomi, hier zu einer Einigung mit Panasonic zu kommen.
Was die BBK Marken betrifft, hält sich der Schaden zumindest für Deutschland in Grenzen, da man sich von diesem Markt ja ohnehin schon zurückgezogen hat. Anders sieht es allerdings aus, sollte Panasonic es schaffen, auch in anderen EU Staaten ein Verkaufsverbot zu erwirken. In diesem Fall könnte - sofern keine Einigung erzeilt werden kann - ein kompletter Rückzug einiger oder aller BBK Marken (Oppo, OnePlus, Realme, Vivo) aus der EU oder ganz Europa bevorstehen. Dies könnte dann langfristig auch Auswirkungen auf deutsche Nutzer der Geräte haben, welche die Modelle nach dem Rückzug aus Deutschland über andere EU Länder importiert haben.
Quellen
JUVE-Patent.com
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